„Zettelgate“
Im letzten September überschlugen sich die Ereignisse in Köln. So kam es Anfang des Monats zum sogenannten „Zettelgate“, mit dem Köln bundesweite Schlagzeilen fabrizierte und es sogar in die 20-Uhr-Nachrichten der Tagesschau schaffte: Der Wahlzettel für die Oberbürgermeister-Wahl, die ursprünglich zeitgleich mit vielen anderen OB-Wahlen in NRW am 13. September stattfinden sollte, wies Formfehler auf. Die Namen der Parteien waren sehr viel größer abgedruckt als die Namen der Kandidaten. Die Bezirksregierung in Köln entschied daher, dass Köln neue Stimmzettel drucken solle. Viele Wählerinnen und Wähler hatten allerdings schon per Briefwahl ihre Stimme mit dem beanstandeten Wahlzettel abgegeben. Dennoch beharrte die Wahlleitung zunächst darauf, dass die Wahl am 13. September 2015 wie geplant stattfinden solle. Wir reagierten sofort und empfahlen als erste Partei in einer Pressemitteilung, die Wahl zu verschieben. Mehr als 50.000 Stimmen waren bereits mit dem rechtswidrigen Stimmzettel abgegeben, da wären Rechtsstreitereien vorprogrammiert gewesen.
Nach und nach folgten auch die Fraktionen im Rat der Stadt Köln, und die Verwaltung gab ein paar Stunden später die Verschiebung der Wahl bekannt.
No-Spy-Klausel
Auch bei der Forderung einer No-Spy-Klausel für Köln waren wir der Zeit ein kleines Stück voraus. Bereits im März dieses Jahres machten wir uns für die Einführung einer No-Spy-Klausel als Konsequenz aus den Skandalen rund um die allumfassende Spionage von NSA und Co. in Köln stark. Zunächst wollte man unsere Forderung aber auf die lange Bank schieben und die Entwicklungen auf Bundesebene abwarten. Schließlich fasste der Rat der IT-Beauftragten den Beschluss, dass die Einrichtungen des Bundes zukünftig Aufträge an IT-Unternehmen nur noch vergeben, wenn diese sich verpflichten, die Daten ausschließlich in Deutschland zu verarbeiten. Nachdem wir die Stadtverwaltung auf diese Entwicklung hingewiesen hatten, wurden wir positiv überrascht: In neuen Verträgen mit Unternehmen der IT-Wirtschaft wird es einen Hinweis auf die Vergaberichtlinien des Bundes geben. Damit sind diese Teil der Kölner Vergabepraxis geworden, und Köln hat eine No-Spy-Klausel!
Flüchtlingshilfe und Koordination
Ganz besonders freut uns auch, dass unsere Anregungen im Bereich der Kölner Flüchtlingsaufnahme und Koordinierung der Flüchtlingshilfe zum Teil sogar direkt umgesetzt wurden. Am 17. September tagte der Sozialausschuss mit verschiedenen Piraten-Initiativen zum Thema Flüchtlingspolitik auf der Tagesordnung. Einmal hatten wir in zwei Anfragen verschiedene Vorschläge für die bessere Koordinierung der enormen Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge via Internet unterbreitet, und zum anderen sollte abschließend über unseren Antrag aus dem April „Flüchtlingsheime ans Netz!“ beraten werden.
https://www.piratenpartei.koeln/wp-content/uploads/2014/10/Anfrage-Flüchtlingshilfe-koordinieren-Onlineformular-und-Hotline-im-Sozialausschuss-17.09.pdf
http://www.piratenpartei.koeln/wp-content/uploads/2016/03/Anfrage-Rat-Wie-kann-die-Stadt-die-enorme-Hilfsbereitschaft-f%C3%BCr-Fl%C3%BCchtlinge-in-K%C3%B6ln-besser-19.9..pdf
https://www.piratenpartei.koeln/wp-content/uploads/2014/10/Antrag-Sozialausschuss-Flüchtlingsheime-an-Netz-zum-23.4..pdf
Die Verwaltung hatte zu diesem Antrag eine Stellungnahme entwickelt, in der vier Varianten zur Versorgung von Flüchtlingen mit Internet in den städtischen Unterbringungen vorgestellt wurden. LINK: https://www.piratenpartei.koeln/wp-content/uploads/2014/10/Sozialausschuss-Stellungnahme-zum-Antrag-Flüchtlingsheime-ans-Netz-am-20.8..pdf In allen diesen Varianten wird mit sehr hohen Kosten kalkuliert. Die hohen Kosten für die erste Variante (Freifunk) sind besonders verwunderlich, denn wir setzten in unserem Antrag extra auf dieses Verfahren, weil dafür nur geringe Kosten anfallen. Im Ausschuss selbst haben wir die Verwaltung darauf auch hingewiesen und auf ein Beispiel aus Weeze verwiesen. Hier wird eine Unterbringungseinrichtung der Landesregierung für ca. 350 Flüchtlinge mit Freifunk versorgt. Die Kosten von ca. 3.000 Euro hat der sich in der Nähe befindende Flughafen übernommen. In Köln hat man sich im Ausschuss aber schließlich gegen Freifunk und für die Variante „Sponsorenmodell im Haus“ entschieden. Nun sollen zukünftig alle Gemeinschaftsunterkünfte sukzessive mit einem Internetanschluss versorgt werden. Der Sozialausschuss hat das einstimmig beschlossen. Dank unserer Initiative wird in die Planung neuer Unterkünfte Internet direkt mitgedacht. Zwar wird es nun keinen Freifunk geben, aber die Hauptsache ist, dass die geflüchteten Menschen eine Internetverbindung zur Verfügung gestellt bekommen, denn nur so können sie den Kontakt mit ihren Familien und Freunden aufrechterhalten. Wie wichtig das für die Leute ist, sieht man u.a. beim Drehkreuz am Kölner Flughafen. Die Menschen sind sehr glücklich, dass in den dortigen Zelten WLAN angeboten wird. Internet bietet zudem Orientierung in der neuen Umgebung, und Online-Deutschkurse können absolviert werden.
In der Sitzung des Sozialausschusses wurde auch die Drehscheibe am Kölner Flughafen angekündigt. Seit dem 22.9. werden alle zwei Tage Menschen aus den Sonderzügen aus Österreich erstversorgt und dann mit Bussen in Einrichtungen gefahren. Nur mit der freiwilligen Hilfe vieler Kölnerinnen und Kölner ist diese zusätzliche Aufgabe überhaupt zu bewältigen. Die Stadt Köln koordiniert die Hilfe seither mit einem Online-Formular und einer Hotline. Beides hatten wir in der Anfrage „Flüchtlingshilfe koordinieren. Onlineformular und Hotline“ angeregt. Auch unsere andere Vorschläge wurden mittlerweile umgesetzt: Die Stadt hat eine neue Seite aufgebaut (http://www.stadt-koeln.de/leben-in-koeln/soziales/koeln-hilft-fluechtlingen) und verweist hier auf viele in unseren Anfragen gelieferten Infos, z. B. auf das „Refugee Phrasebook“, die Anamnesebögen in verschiedenen Sprachen, die Welcome Map für Köln usw. Im März hatte man schon auf unseren Vorschlag für eine Kölner Flüchtlings-App reagiert und eine Extra-Seite für Flüchtlinge selbst aufgebaut. Da muss die Stadt aber noch nachbessern, da bleiben wir hartnäckig. Mittlerweile wird auch unter @Köln-hilft getwittert, was an der Drehscheibe gebraucht wird.
Wir haben es in unseren Anfragen geschrieben: Die sozialen Medien und „Mobile Government“ zeigen in der jetzigen Situation ihre Stärke. Auf Facebook gründen sich Willkommens-Gruppen, es werden „Refugee-Welcome“-Veranstaltungen, Hilfsangebote und -gesuche und Informationen geteilt; es gibt Wohnungsbörsen wie „Flüchtlinge Willkommen“, Flüchtlings-Apps in Witten und Dresden, eine neue Seite der Landesregierung, die Initiativen und Helferinnen und Helfer zusammenbringt, ein Liegenschaftenformular für NRW und vieles mehr. So ein Liegenschaftenformular werden wir jetzt bald auch in Köln bekommen. Wir Piraten bleiben hier definitiv am Ball und begleiten die weitere Entwicklung in der Flüchtlingshilfe. In Berlin findet vom 23. bis 25.10.ein „Refugee Hackaton“ statt. Da werden sicher auch viele neue Tools entwickelt. Hier in Köln wurde Germany-says-welcome.de auf der „Jugend hackt“ ins Leben gerufen. Wir wünschen uns von der Verwaltung, dass sie die Experten aus Berlin und Köln vernetzt. Unsere Pläne für die Zukunft sehen so aus, dass wir für die Zeltstadt in Köln-Chorweiler Freifunk ermöglichen möchten. Gespräche mit dem Aqualand und dem Sportamt haben schon stattgefunden, leider bisher ohne konkrete Ergebnisse. Des Weiteren stellen wir unsere Mitarbeiterin für die Flüchtlingshilfe am Kölner Flughafen frei. Die Piraten werden dort auch insgesamt einspringen, wenn Not am Mann oder Frau ist. Refugees are welcome in cologne!
Weiteres wie ein Pilotprojekt Rechtsabbiegen bei Rot für Radfahrer stehen in der Prüfung. Darüber und vieles andere demnächst hier.
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