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Piraten im Rat kritisieren städtisches Schutzkonzept zu Silvester – Konzept schützt Dom, nicht Frauen

Die Piratengruppe im Rat der Stadt Köln hat jüngst der Kölner Oberbürgermeisterin einige kritische Nachfragen zum Schutzkonzept für die Silvesternacht 2016/17 gestellt (1) und eine Antwort (2) erhalten, die zeigt, dass es der Stadt Köln nicht ernsthaft um das Problem der sexuellen Gewalt gegen Mädchen und Frauen geht, sondern in der Hauptsache um den Schutz des Images der Stadt Köln.

Stadt und Polizei haben im Zuge eines gemeinsamen Sicherheitskonzepts für die Silvesternacht Beamte und private Sicherheitskräfte im vierstelligen Bereich mobilisiert. Der Domplatz wird von einem Zaun umgeben, es gibt Einlasskontrollen und eine komplette Videoüberwachung des Platzes, was wir schon mehrfach kritisiert haben (3). Gleichzeitig – und das war Teil unserer aktuellen Anfrage – gibt es überhaupt keine Sensibilität für die Tatsache, dass Frauen und Mädchen zu Feierzeiten etwa an den Kölner Ringen immer wieder sexueller Belästigung und schlimmerer Gewalt ausgesetzt sind, inklusive dem weit verbreiteten Phänomen, dass sie durch Gruppen von Männern hindurch müssen, die sich an den Gehwegen postieren, dort trinken und Frauen angehen. Wir kritisieren, dass Stadt und Polizei vollkommen übertriebene Ressourcen auf der Domplatte einsetzen, die zwar effektiv verhindern werden, dass sich dort noch ein mal ähnliche Szenen wie im letzten Jahr abspielen, dass dabei aber völlig aus dem Blick gerät, dass sexuelle Belästigung und sexuelle Übergriffe auch außerhalb der unmittelbaren Domumgebung passieren – und das 365 Tage im Jahr. Eine echte Bekämpfung des Problems der sexuellen Gewalt ist mit ordnungs- und sicherheitspolitischen Gewaltmaßnahmen nicht zu haben.

Die Oberbürgermeisterin beantwortet unsere Anfrage bezüglich des vorgesehenen Maßnahmenpakets dahingehend, dass man gedenkt, Frauen und Mädchen jeweils im Vorhinein unter anderem durch Informationsmaterial zu sensibilisieren (u.a.: „Verhaltenstipps ‚Sicherheit für Frauen‘“ sowie ein Infoblatt „Mach Party – Safe!“) und sie im Nachhinein, z.B. durch ein mobiles Beratungsangebot, zu unterstützen. Keine der genannten Maßnahmen aber arbeitet präventiv und richtet sich an die Tätergruppe. Ganz offensichtlich sollen es nun wieder Mädchen und Frauen sein, denen die Verantwortung für das Problem der sexuellen Gewalt, hier durch diese „Tipps“, angelastet wird. Nicht im Traum scheint man daran zu denken, Männer damit zu belästigen. Das aber wäre dringend geboten. Es hieße z.B.: Informationsmaterialien mit Verbänden und präventiv gegen sexuelle Gewalt arbeitenden Stellen zu erarbeiten, die sich an Männer richten. Auch der Versuch, mit solchen Botschaften präventiv an Männer speziell aus dem maghrebinischen Raum heranzutreten, wäre aus der Erfahrung der letzten Silvesternacht vollkommen legitim und obendrein integrativ – doch sogar hier geht die problematische Devise offensichtlich vor, dass Mädchen und Frauen sexuelle Gewalt zu verhüten haben, nicht Männer. Dem berühmten „zu kurzen Rock“ liegt die selbe Logik zugrunde.

In dem vom Untersuchungsausschuss des Landtages beauftragten Gutachten von Rudolf Egg zur Anzeigenaufnahme wird von „erheblichen Unsicherheiten bei der rechtlichen Zuordnung“ und „willkürlichen Einordnungen“ gesprochen. Diese und auch die Vorwürfe, die Polizei nehme Sexualdelikte nicht ernst, sind unabhängig von der Silvesternacht ein prinzipielles Problem, das auch an anderen Orten und abseits von Großlagen vorherrscht. In diesem Zusammenhang wurde unsere Anfrage an die Oberbürgermeisterin nicht klar beantwortet. In der Antwort auf die Frage zu Nachschulungen und ähnlichen Maßnahmen wird auf die Zuständigkeit der Polizei verwiesen. Wir gehen darum davon aus, dass es eine Nachbesserung aufgrund der Ergebnisse des Düsseldorfer Gutachtens vonseiten der Kölner Polizei in dieser Angelegenheit nicht gegeben hat, da wir auch am restlichen Konzept nicht erkennen können, dass Stadt und Polizei das durch die letzte Silvesternacht aufgeworfene Problem ernst nehmen. Hier ließen sich unserer Meinung nach erhebliche Qualitätsverbesserungen im Erstkontakt und der Anzeigeaufnahmen bei Delikten erzielen.

Thomas Hegenbarth, Sprecher der Piratengruppe im Rat, fasst zusammen:
„Das Sicherheitskonzept der Stadt Köln fokussiert sich nur auf das Gebiet rund um den Dom. Es fehlt echte Präventivarbeit. Die Stadt und die Polizei müssen nachbessern und zeigen, dass es beim Schutzkonzept nicht nur um den Schutz des Images und des Kölner Doms geht, sondern auch um den Schutz von Mädchen und Frauen vor sexueller Gewalt.“

(1) Anfrage der Piratengruppe im Rat der Stadt Köln: „Sicherheit von Frauen und Mädchen nicht nur in der Silvesternacht“ | https://ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=593039&type=do&
(2) Antwort der Oberbürgermeisterin auf die Anfrage der Piratengruppe: „Sicherheit von Frauen und Mädchen nicht nur in der Silvesternacht“ | https://ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=593220&type=do&
(3) http://www.piratenpartei.koeln/2016/09/13/schwarze-gruene-gelbe-und-rote-sind-sich-bei-der-videoueberwachung-einig-piraten-bewirken-korrekturen/
http://www.piratenpartei.koeln/2016/06/03/noch-mehr-videoueberwachung-die-stadt-soll-erst-die-wirksamkeit-belegen/
http://www.piratenpartei.koeln/2016/04/27/koeln-bekommt-48-zusaetzliche-kameras-placebos-und-maerchen-statt-echter-sicherheit/

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